Ausatmen, durchatmen, aufatmen
„Endlich, endlich einmal wieder Zeit für mich! Eine Auszeit vom Marathon der Therapie, vom von Krankheit geprägten Alltag.“ So erging es wohl den meisten der 24 Teilnehmerinnen am stärkenden Wochenende, organisiert von unserer META-Gruppe Markdorf vom 15. bis 17.11.2024 im hoch über dem Bodensee thronenden Schloss Hersberg, Immenstaad.
Seit Bestehen unserer META-Gruppe (META steht für metastasiert), die erste überhaupt deutschlandweit, bieten wir jährlich in schöner Umgebung ein stärkendes Wochenende an für unsere Leidensgenossinnen – chronisch erkrankte Krebspatientinnen, sogenannte META-Frauen – nun zum dritten Mal! Dank vieler Sponsoren und privaten Spender ist dieses Angebot für die Teilnehmerinnen, abgesehen von der Anreise, kostenlos, denn: Armut durch Krankheit ist durchaus ein META-Thema.
Diesmal lautete unser Motto: „Ausatmen – durchatmen – aufatmen“. Mit einem strahlenden Herbsttag empfing der Bodensee am Freitagmittag die zum Teil weit Hergereisten aus Baden-Württemberg und Bayern – ein perfekter Auftakt, nicht selbstverständlich im Novembergrau am See! Am Nachmittag, ganz im Hier und Jetzt, erlernten wir unter Anleitung der einfühlsamen Entspannungstherapeutin Katja Eigendorf u. a., länger auszuatmen als einzuatmen und mit einigen anderen Methoden aus der Atemtherapie Stress zu reduzieren. Die Vertiefung und der Ausbau der Atemübungen am Samstagmorgen war hilfreich, um später im Alltag die Anspannung z. B. vor den regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen reduzieren zu können.
Der unvergleichliche Musiktherapeut Thomas Schröter leitete beschwingt durch den Samstagnachmittag. Inspirierende Momente beim Ausprobieren der vielen mitgebrachten Instrumente und ein bisschen Theorie zur Heilkraft der Musik gipfelten in der Gemeinschaftserfahrung des heilsamen Singens. Ganz wichtig und wirklich heilsam war ein angeleitetes, musikalisch untermaltes Vergebungsritual. Dieser Prozess des inneren Heilwerdens trotz einer unheilbaren Krankheit war eine wunderbare Erfahrung – ein Geschenk der Vergebung und der Musik! Berührt genossen alle danach das gute Abendessen. Das abendliche Kristallkonzert von Kerstin Lang setzte nochmals neue Impulse, für manche das Sahnehäubchen, für andere fast eine Übersättigung.
Am Sonntagmorgen besuchte uns Christa Hasenbrink, die ehemalige Landesvorsitzende der Frauenselbsthilfe Krebs sowie Initiatorin der META-Gruppen, und berichtete über die neuesten Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der „META-Welt“. Sie wird die META-Gruppen auch in Zukunft tatkräftig unterstützen. Denn die Erfüllung der besonderen Bedürfnisse der chronisch an Krebs erkrankten Menschen ist ihr ein ganz großes Herzensanliegen. Dank ihrer schier unerschöpflichen Energie und ihrer weitreichenden Vernetzungen kann sie in diesem Bereich ganz viel bewegen. Ihr Traum: deutschlandweit ein flächendeckendes, vernetztes Angebot von META-Gruppen, um so viel wie möglich Betroffene auffangen zu können.
Die allmählich aufklingende Wehmut angesichts des nahenden Abschieds wurde von der Psychoonkologin Daniela Lamm, die auch unsere Gruppentreffen stets begleitet, einfühlsam aufgefangen mit einer Fantasiereise zum Thema Löwenzahn als Sinnbild der Widerstandskraft und Pusteblume als Sinnbild der Leichtigkeit. Beides sind Eigenschaften, die unverzichtbar sind, um der Krankheit nicht das ganze Regiment über unser Leben einzuräumen. Sanft landete in den offenen Händen aller Teilnehmerinnen bei geschlossenen Augen ein Gläschen mit einer präparierten Pusteblume.
So ein „Mitgebsel“ ist seit unserem ersten Resilienzwochenende 2022 im Kloster Roggenburg Tradition und eine gute Stütze im Alltag, wenn das ganze Elend wieder über einen hereinbricht. Oft genügt ein Blick darauf, dieser kleine Impuls, und schon verdrängen schöne Erinnerungen die stetige Anspannung oder latente Angst vor der Progression. Überschäumend fröhlich klang dieses einmalig runde und stärkende Wochenende aus mit Seifenblasen, die sich die Teilnehmerinnen gegenseitig zupusteten – ein Bad in Leichtigkeit.
Unser aller Dank geht an das Haus St. Josef, Schloss Hersberg, für die liebevolle Betreuung und das leckere Essen, ebenso das Verständnis und die Flexibilität, mit der Frau Gabriele Holzmann auf unvorhersehbare, gesundheitlich bedingte Änderungen stets bereit war zu reagieren. Dann natürlich an unsere Sponsoren und privaten Spender, ohne deren Unterstützung wir diese wichtigen Auszeiten für in palliativer Behandlung stehende Betroffene nicht organisieren und anbieten könnten. Danke dafür!
Susanne Hecht, Petra Zirkl, Heide Drotleff, Ursula Rid
(Leitung META-Gruppe Markdorf)